Vincent E. Noel   Von allem das Ende
Wo heute Little Italy und Chinatown Touristen anlocken, blühte jahrzehntelang jenes »Kleindeutschland«, an das sich heute kaum noch jemand erinnert. Hier lebt Daniel Washington Weissmueller, Sohn aus Nürnberg eingewanderter Handwerker, und arbeitet als Buchhalter in einer Zigarrenmanufaktur, um seiner jungen Familie ein angenehmes Leben zu sichern – eine Biografie wie so viele andere auch.

Jedes Jahr organisiert Pastor Haas für Kleindeutschlands evangelisch-lutherische St.-Markus-Gemeinde einen Ausflug, um das Ende des Sommerschuljahres zu feiern. 1904 soll es am 15. Juni mit dem Schaufelraddampfer »General Slocum« über den East River zu einem Picknick auf Long Island gehen. An Bord spielt eine Blaskapelle, gibt es Muschelsuppe, deutsches Bier, genießen über 1300 Passagiere einen sonnenreichen Tag. Doch plötzlich bricht an Bord ein Feuer aus, das über eintausend Opfer fordert, überwiegend Frauen und Kinder. Als Monate später die für die Tragödie Verantwortlichen vor Gericht gestellt werden, ist der Prozess ein mediales Großereignis – Gerechtigkeit aber gibt es nicht. Nach der Urteilsverkündung will Mr. Weissmueller, der bei dem Unglück seine Frau und seine beiden Töchter verlor, seinem Leben ein Ende setzen. Zuvor gibt er sich dem Alkohol hin, sinniert über seinen Verlust und Justizias Ungerechtigkeit. Auch wenn ihm niemand zuhört, so redet er trotzdem, eine ganze Nacht lang …

Vincent E. Noel erzählt vor dem Hintergrund einer vermeidbaren Katastrophe von menschlicher Rücksichtslosigkeit und unbarmherziger Raffgier.