Kenneth Koch   Schicksal
»Die Gedichte von Kenneth Koch sind monströs«, konstatierte Nicolas Born 1976 und meinte damit vor allem den überbordenden, ja überquellenden Einfallsreichtum, der Kochs Gedichte gut charakterisiert. Nach fast einem halben Jahrhundert wurde es Zeit für eine Auswahl seiner Gedichte aus allen Schaffensperioden, wie sie bisher im deutschsprachigen Raum fehlte. Denn sein Werk lag hierzulande in der Zukunft, was heißt, dass es nach Born weiterhin weitgehend unübersetzt brachlag. Hier kommt in der Tat eine verspielte, berauschende, komplexe und äußerst beredte Lyrik zur Sprache, die es in sich hat. Koch, Zeitgenosse und Freund von Frank O’Hara, John Ashbery und Larry Rivers gehörte in den 1950er Jahren zur sogenannten »New York School«. Seine Gedichte zeichnen sich von Anfang an durch kühne Bild_ und Sprachfindungen aus, sie sind der europäischen Moderne wie dem Surrealismus näher als der modernen amerikanischen Poesie. Kochs Werk nimmt sich in der amerikanischen Dichtung des 20.Jahrhunderts und auf der Schwelle zum nächsten Jahrtausend als einzigartiges Œuvre aus, da es keiner der gängigen poetischen Richtungen und Tendenzen folgt. Mit Schicksal liegt nun eine kompakte Werkschau vor, von den neosurrealistischen Anfängen über die expansiven Erzählgedichte der 1970er und 1980er Jahre bis zu denjenigen der Spätzeit um die Jahrtausendwende, die als Liebesgedichte an abstrakt_begriffliche Adressaten bezeichnet werden können, die – wie auch alle anderen in diesem Band – bis heute enorme Strahlkraft haben.